Masterstudium "Theologia spiritualis"

Eine Glaubensvergewisserung

AUGSBURG – Da musste Ilona Thalhofer dann doch die Stirn runzeln: Leute aus ihrem Bekanntenkreis hatten ihr eröffnet, dass ihnen geistliche Wesen das Todesdatum verraten hätten. Andere bekannten sich zum Legen von Engelskarten oder berichteten, Dämonen gesehen zu haben.

Das erlebte Thalhofer, als sie noch als Gemeindereferentin in Neu-Ulm arbeitete. Damals wurden ihr auch Erfahrungen in anderer Richtung anvertraut. Die Stimme der Gottesmutter oder eines Heiligen sei vernommen worden. Diese hätte angeordnet, dieses oder jenes Gebet so und so oft zu verrichten. „Das war alles so abgefahren“, schüttelt Thalhofer, die inzwischen im Bischöflichen Seelsorgeamt in Augsburg arbeitet, noch heute den Kopf.

Ratlos sei sie gewesen, wie das alles zu bewerten sei, erzählt sie. „Man müsste den Leute helfen, diese Erfahrungen zu deuten und richtig einzuordnen, ihnen sagen, was in Ordnung ist und was schadet“, ist ihr damals durch den Kopf gegangen. Da kam der berufsbegleitende Masterstudiengang Theologie des geistlichen Lebens – Theologia spiritualis  an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Augsburg gerade richtig, zumal die Gemeindereferentin sowieso vorhatte, sich weiterzubilden.

Ilona Thalhofer gehört zu den ersten sieben Absolventen des Studiengangs, der von Professor Wolfgang Vogl, dem Inhaber des Lehrstuhls für geistliches Leben, entwickelt wurde. Eine ähnliche Weiterbildungsmöglichkeit, wenngleich mit anderer inhaltlicher Ausrichtung, gibt es in Deutschland sonst nur noch in Münster.

Spiritualität in der Kunst

„Das Studium ist sehr breit angelegt“, erläutert Seelsorgeamtsreferentin Ilona Thalhofer. Da geht es unter anderem um die Einführung in die Spiritualität des Alten und Neuen Testaments, um die Wege der Spiritualität in der frühen und in der mittelalterlichen Kirche und natürlich auch die in der Neuzeit. Vorgestellt wird die systematische Entfaltung der christlichen Spiritua­lität, wo es um die Fragen nach den Tugenden geht, und die sakramental-liturgische Spiritualität. Ferner gibt es Lehreinheiten zu vergleichenden Studien der Spiritualität in den byzantinischen Ostkirchen und im Protestantismus zum Beispiel in der evangelischen Bibel- und Choral­frömmigkeit. Untersucht wird auch, wie sich christliche Spiritualität in der Kunst und in der Dichtung niedergeschlagen hat.

„Ich kann gar nicht sagen, was mich am meisten begeistert hat“, überlegt Thalhofer. „Es war jedesmal inspirierend, ein großer Gewinn und eine Neuausrichtung für mein Leben.“ Als richtiges „Geschenk“ empfand sie den Austausch mit Professoren verschiedener Altersstufen und einem bunten Kreis von Studierenden aus ganz Deutschland.

Auch Gudrun Theurer, die als Altenheimseelsorgerin in der Diözese Augsburg arbeitet und sich als Dozentin in der Ausbildung von Hospizmitarbeitern engagiert, gehörte zu den ersten Absolventen des Studiengangs. Sie hat erfahren, dass das Studium auch in „vorgerücktem Alter“ ein Gewinn ist. Die Seelsorgerin, die vor ihrer Konversion ein Diplom in evangelischer Theologie gemacht hat, fühlte sich sofort angesprochen, als sie von dem Studiengang hörte. Zuerst dachte sie, „das ist in meinem Alter nicht mehr drin“, aber ihr Mann bestärkte sie, sich diesen Wunsch zu erfüllen. „In diesem Masterstudiengang lernte ich ganz anders wie noch als junge Studentin, denn was ich aufnahm, fiel auf den breiten Boden meiner Lebenserfahrung“, erzählt sie.

Professor Vogl habe ein profundes Wissen, das er auch mit anderen teilen möchte, findet die Palliativseelsorgerin. „Besonders faszinierend fand ich, dass er hochgeistige Zusammenhänge mit dem Alltag zusammenbringt.“ Er habe Diskussionen angeregt, in der jeder Fragen aus seiner persönlichen Lebenssituation heraus stellen konnte.

„Das war eine große Bereicherung für uns Studierende, weil wir eine große Bandbreite kennenlernen durften, wie sich die Theologia spiritualis in den Lebensvollzug hineinbuchstabieren möchte.“ Man bekomme für sich ein breites Spektrum an Blickrichtungen und eine eigene Standortbestimmung bei der Frage, was für einen Spiritualität in der heutigen Zeit ist, findet Theurer. Schließlich führe das Studium zur „Glaubensvergewisserung und -vertiefung“.

Anstrengend sei der Studiengang schon, finden beide Frauen übereinstimmend. „Es geht nur mit Disziplin“, sagt Gudrun Theurer. Aber es habe hervorragende Skripte gegeben. Man lernt leicht, „weil es Lehrinhalte sind, die einen selber bewegen und die einen weiterbringen“. Ilona Thalhofer möchte Interessierten auch die Angst vor den  „Uniformalitäten“ wie die Anmeldungen zu Prüfungen und Praktikas  oder Abgabeterminen von Arbeiten nehmen. Da werde man wunderbar von Waltraud Güldenring aus dem Sekretariat des Lehrstuhls durchgelotst.

Gerhard Buck

Information:
Bewerbungen sind bis 31. Dezember möglich. Weitere Infos gibt es auf den Seiten der Universität Augsburg.